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I triangoli verdi

Vor genau 80 Jahren kamen 15 Passeirer Familien ins Konzentrationslager Bozen.

Vor genau 80 Jahren kamen 15 Passeirer Familien ins Konzentrationslager Bozen.

Von MuseumPasseier


Wir fangen an, mit dem was blieb. Und das sind Minigeschichten von Zeitzeugen, allesamt als Ton- und Filmdokumente überliefert. Doch, fangen wir besser wirklich von vorne an, oder zumindest weiter vorne: Seit Frühling 2024 ist eine Arbeitsgruppe dabei, über 10 Stunden Audiomaterial für das Museum zu transkribieren, also als Text zu tippen. Die Aufnahmen stammen aus den 80er und 90er Jahren – die Zeitzeug*innen sprechen über die Zeit des Zweiten Weltkriegs und leben nicht mehr.

Verfolgt – verfemt – vergessen. So nennt sich die Publikation, die anschließend an die von Leopold Steurer, Martha Verdorfer und Walter Pichler geführten Interviews im Jahr 1997 publiziert worden ist. Ein Buch über Wehrmachtsdeserteure in Südtirol – in den Interviews erzählen vor allem deren Familienangehörigen. Einige “Passeirer Passagen” aus den Tonaufnahmen sind im Buch verwendet worden, aber ein getipptes, geglättetes Zitat in der Schriftsprache ist doch etwas ganz anderes als der mitunter sehr emotionale O-Ton im Passeirer Dialekt.

Diese Tonspuren stehen nun im Mittelpunkt. Sie sollen Raum und Gehör finden in einer Sonderausstellung im Sandwirtskeller. Vor einem Jahr schrieb nämlich die Euregio ein neues Themenjahr für 2025 aus und wünschte sich Museumsprojekte, die sich mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit, des Widerstands sowie des Umgangs mit Krisen und gesellschaftlichen Umbrüchen in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beschäftigen. Das MuseumPasseier schloss sich mit den Ötztaler Museen zusammen und für 2025 werden dazu also diesseits und jenseits des Jochs Ausstellungsprojekte entstehen.

Krisenzeit – Widerstand – soziale Ungerechtigkeit: Diese Schlagworte verdichten sich im Passeier genau in jenem “beschwiegenen” Kapitel über die Wehrmachtsdeserteure: Nicht umsonst schreibt Sepp Haller 1986 vom “Problemkreis Passeirer Partisanen”. Der Fokus des Ausstellungsprojektes für 2025 wird auf den Erzählungen liegen: Welche Überlebensgeschichten aus dem Krieg haben überlebt, und zwar im Familiengedächtnis der Passeirerinnen und Passeirer? Doch bis dahin liegt noch viel Arbeit vor uns.

Abgesehen von den Interviews wurden kaum themenbezogene Objekte, Fotos oder Schriftstücke hinterlassen. Zur starken Audiolastigkeit und augenscheinlichen Objektlosigkeit der Ausstellung wird es einen visuellen Ausgleich brauchen.

 

Der Zufall wollte dann, dass wir sofort starten. Heuer jährte sich am Samstag, den 21. September, der Tag, an dem die „große Razzia“ in Passeier stattgefunden hat, zum 80sten Mal. Abgesehen davon, dass der 21.9. auch der Internationale Tag des Friedens ist, fanden wir, dass wir diesen Abend unbedingt nutzen sollten, um die Schicksale der triangoli verdi, der sogenannten „Sippenhäftlinge“ im Konzentrationslager Bozen, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Riiglin oder nit riiglin?

Einen ersten Versuch, ob Handzeichnungen funktionieren, haben wir schon gestartet: Am 21. September sind wir mit unseren Ausstellungsplänen an die Öffentlichkeit gegangen und haben einen „Familienabend“ angeboten.

 

Ein einschneidendes Ereignis für das Tal. 15 Passeirer Familien wurden als Geiseln in sogenannte „Sippenhaft“ nach Bozen verschleppt – ein Tag, der im Passeier bislang noch nie besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Im Mittelpunkt unseres Abends, der mit Hörproben und Zeichnungen den 21. September 1944 in Erinnerung rief, standen dabei nicht die Deserteure, sondern die Eltern, Brüder und Schwestern der Deserteure, die im KZ mit grünen, auf ihren Häftlingskleidern aufgenähten Dreiecken (triangoli verdi) gekennzeichnet wurden.

 

Die Geschichten sind geprägt von Entscheidungen. Dienen oder desertieren? Verraten oder schweigen? Gehorchen oder widersetzen? Überleben oder sterben? Bestrafen oder verzeihen? Erinnern oder vergessen? Und jetzt, 80 Jahre nach dieser Zeit bzw. nun, wo die letzten Zeitzeugen just in den letzten Jahren verstorben sind, stehen die Familien mit den Erinnerungen da und vor der Entscheidung: Tragen wir die Erinnerungen unserer Vorfahren erzählend als immaterielles Familienerbe oder schweigend als Last der Vergangenheit weiter?

 

Was also tun, mit diesen Minigeschichten? Wir hoffen, mit dem Abend einen ersten Impuls gesetzt zu haben, sich mit den fremden, und vor allem mit den eigenen Familiengeschichten auseinanderzusetzen – in Gedanken oder auch im Gespräch. Ob die Ausstellung im nächsten Jahr dann, mit diesen Bruchstücken an Erinnerungen, Erfahrungen, Verletzungen und Hoffnungen das Potenzial haben wird, sich als mehrschichtige Erzählung mit einem roten Faden ins kulturelle Gedächtnis von Passeier einzuweben, werden wir sehen.  

 

Fotos: Barbara Pixner


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Andreas-Hofer-Bus

1809 zog Andreas Hofer kreuz und quer durch Tirol. 200 Jahre später nahm eine Ausstellung auf Rädern den gleichen Weg.

15.000 Kilometer auf den Spuren des Tiroler Volkshelden. 1809 zog Andreas Hofer kreuz und quer durch Tirol, um den Aufstand gegen Bayern und Franzosen zu organisieren. 200 Jahre später nahm eine Ausstellung auf Rädern den gleichen Weg.

Von Josef Rohrer

 

Von Jänner 2009 bis Februar 2010 hat der auffällig gestaltete Kleinbus über 70 Routen und rund 15.000 Kilometer abgefahren: Einerseits wurden jene Orte in den drei Landesteilen des historischen Tirol (Nord- und Südtirol sowie Trentino) angefahren, an denen sich Andreas Hofer vor 200 Jahren aufgehalten hat. Hier standen Vorträge zu den geschichtlichen Ereignissen vor Ort, Exkursionen, Besuche von Schulklassen, Quiz mit Verlosungen und die Zusammenarbeit mit kulturellen Vereinen und Einrichtungen im Vordergrund. Neben Unterlagen, Büchern und Shopartikel, die der Infobus stets bei sich hatte, verteilte das MuseumPasseier bei jeder historischen Route zweisprachige Faltblätter mit Informationen zu den lokalen Ereignissen vor 200 Jahren.

Andererseits bot das MuseumPasseier mit dem Kleinbus Abendvorträge an. Insgesamt über 3.000 Interessierte haben das Angebot wahrgenommen und diese Art der lebendigen und modernen Geschichtsvermittlung positiv bewertet. Für das MuseumPasseier war das Projekt mit sehr viel Organisation, historischen Recherchen und Aufwand verbunden. Die begeisterten Rückmeldungen und der Werbeeffekt für das Museum waren aber der Lohn für das arbeitsreiche Gedenkjahr 2009/2010. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit dem Kulturressort der Autonomen Provinz Bozen Südtirol durchgeführt.

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