Oczlon, wer?

Eine Kiste, ein Fotograf und viele Glasplatten.

 

Text: Judith Schwarz
Recherchen: Martin Bitschnau, Hermann Wenter, Manuel Thoma, Tobias Egger-Karlegger
Digitalisierung der Negative: Albert Pinggera

 

Einige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg zog ein Fotograf namens Alois Oczlon nach Passeier. Spuren im Tal finden sich in den Passeirer Kirchenbüchern und in einer einfachen Holzkiste mit seinem Namen als Absender.

„Inhalt: Platten!” steht als handschriftliche Notiz auf der Kiste. Und tatsächlich lagern in ihr 38 Glasplatten-Negative in Mittel- und Großformat, aber auch 13 Film-Negative und fünf Abzüge auf Karton. Eine bunt gemischte analoge Fotosammlung, allerdings in schwarz-weiß.

In dieser Holzkiste reisten vor Jahrzehnten zerbrechliche Glasplatten bzw. Fotonegative von St. Leonhard in Passeier an Herrn Josef Kaserer, Schmittmer in Tabland im Vinschgau. Zeitweise überließ die Besitzerin die Fotokiste dem Heimatpflegeverein Naturns-Plaus und anschließend dem MuseumPasseier zur Digitalisierung und Recherche. Die Schachtel mit den Glasnegativen in Großformat trägt den Namen Alois Oczlon Photograph St. Leonhardt Paseier und ist der einzige Hinweis auf den Fotografen. Von späterer Hand kam in schwarzer Tinte die Aufschrift Platten der Eltern hinzu. Eine weitere Verbindung zwischen Kaserer und Oczlon haben wir noch nicht gefunden. Fotos: MuseumPasseier.

 

Sind es die Aufnahmen von Alois Oczlon? Zumindest für die Glasplatten dürfen wir es annehmen. Auf deren Karton steht Herrn Alois Oczlon Photograph St. Leonhardt Paseier und sie sind passend nach der Jahrhundertwende entstanden. Ab 1910/11 war Alois Oczlon nämlich mit seiner Familie in Passeier ansässig. Das bezeugen die Kirchenbucheintragungen der Pfarre St. Leonhard bezüglich seiner Kinder.

Seltene Nachnamen sind für Recherchen ein Segen. So haben wir die Oczlon-Kinder schnell und eindeutig gefunden: Im Jänner 1911 wird der Sohn Heinrich Alois im alten Schießstand geboren, 1912 der Sohn Gottfried Angelus in einem gewissen Jagdenhaus, 1916 stirbt der zweijährige Sohn Innocenz an Masern im Bräuhaus.

Drei verschiedene Adressen in St. Leonhard? Und wo war das Labor (vielleicht auch Atelier) von Alois Oczlon untergebracht? Eine Aufnahme aus dem Besitz der Musikkapelle von St. Martin will es uns verraten: A. Oczlon, Fotograf ist auf dem Transparent am Balkon des Hauses zu lesen, um das sich Musikanten gruppiert haben. Monika Mader hat es aufgrund des Mauerrücksprungs und des auffallend nah dazu gebauten Holzgebäudes als den alten Schießstand in der Kohlstatt erkannt.

Musikanten unter dem Balkon des Alten Schießstandes in St. Leonhard mit Schild A. Oczlon Fotograf. Fotonachweis: Musikkapelle St. Martin in Passeier.

Alois Oczlon selbst stammt aus Znaim, damals Teil von Österreich-Ungarn, heute Tschechien. Martin Bitschnau hat ihn im Taufbuch der Stadtpfarre sv. Mikuláš (St. Nikolaus) entdeckt. Er ist am 02.06.1882 als Sohn eines niederösterreichischen Handschuhmachermeisters und einer Wiener Buchdruckertochter geboren. Im Jänner 1911, als er zum ersten Mal gemeinsam mit seiner Ehefrau in den Passeirer Kirchenbüchern als Optiker und Fotograf auftaucht, ist er somit 28 Jahre jung. Seine Ehefrau, Notburga Raich (geboren am 10.01.1873), knapp 10 Jahre älter.

Notburga Raich, das klingt nach Passeirerin. Das wäre zumindest ein Grund, warum Oczlon nach Passeier gezogen sein könnte, so hofften wir. Mit dem angegebenen Geburtsdatum ist Notburga in den Passeirer Taufbüchern jedoch nicht zu finden. Wenigstens aber scheinen dort die Namen ihrer Eltern auf (Angelus Raich und Maria Schaffenrath), sowie dass ihre Trauung mit Alois Oczlon im Herbst 1907 stattgefunden hat, und zwar im fernen Zürich.

Stammte Oczlons Frau von dort? Manuel Thoma, der sich Oczlons Schwiegereltern vorknöpfte, fand ein Edikt im Boten von Tirol: Als Notburga sechs Jahre alt war, wurde über ihre Mutter die Kuratel (Vormundschaft) verhängt, sie stammte aus Oberperfuss nahe Innsbruck. In Folge fand Manuel auch Notburgas Geburt im Oberperfusser Taufbuch. Wie und wo Notburga Raich, die Tochter eines Hirten, dann den Optiker Alois Oczlon kennengelernt hat, wissen wir nicht.

Was gibt es in Zürich zu Oczlon? Esther Stofner vom dortigen Stadtarchiv hat im Bestand der Einwohner- und Fremdenkontrolle gefunden: Alois Oczlon wohnte in Lausanne, meldet sich dann am 26.03.1907 in Zürich an, auf den Tag genau sechs Monate später heiratet er Notburga Raich, gleichzeitig wird das am 19.07.1907 in Innsbruck vorehelich geborene Kind Rafael legitimiert. Ein Jahr später, am 30.03.1908, zieht die Familie nach Meran um, zumindest laut Einwohnerakten von Zürich. Es muss ein turbulentes Jahr gewesen sein.

Dabei kommen die Reisen als Wanderfotograf erst später. Alois Oczlon scheint in all den Zürcher Dokumenten “nur” als Optiker auf, im Gegensatz zu Passeier, wo man “nur” Fotograf liest und nichts von Optiker. Für das Adressbuch des Jahres 1908 hatte er sich in Zürich noch mit Oczlon-Raich, Alois, Optiker, V, Schneckenmannstr. 4 eintragen lassen – das klingt, als hätte er sich zum Umzug nach Meran im Frühling 1908 erst kurzfristig entschlossen.

In Meran dann ein merkwürdiger Eintrag. Im Adressverzeichnis der Kurstadt taucht er 1909 als Bäckergehilfe, wohnhaft in der Langen Gasse 307, auf (Villa Santele, heute Dante-Alighieri-Straße am Brunnenplatz in Obermais). Dass es ein Namensvetter ist, ist unwahrscheinlich. Eher, dass Oczlon als Optiker in Meran – neben dem optischen Institut Ludwig Graf – nicht Fuß fassen konnte. Und er möglicherweise zu dem Zeitpunkt auf Fotograf umgeschult hat.

Auch als Fotograf wird er Konkurrenz gespürt haben. Zu der Zeit beherrschen die Meraner Ateliers Bernhard, Ratschiller, Perckhammer usw. das Geschäft mit der Fotografie. Vielleicht zieht es ihn deshalb nach St. Leonhard in Passeier. Eine seiner ersten Fotografien im Burggrafenamt, die eine Auftragsarbeit gewesen sein muss, zeigt eine Schulklasse und wurde im Schuljahr 1909/1910 in Schenna aufgenommen. Auch eine Aufnahme von ihm von Saltaus aus dieser Zeit ist bekannt.

Wie lange bleiben die Oczlons in Passeier? Im Jänner 1911 lesen wir in den Passeirer Kirchenbüchern zum ersten Mal den auffälligen Nachnamen Oczlon, im Oktober 1922 bei Gottfried Oczlons Firmung in St. Leonhard zum letzten Mal. Ein Jahrzehnt Fotografentätigkeit ergab damals hunderte Aufnahmen. Wo mögen die restlichen wohl sein, die Alois Oczlon im Laufe von über zehn Jahren in Passeier gemacht hat? Wenn nicht die empfindlichen und zerbrechlichen Glasplatten-Negative, dann wenigstens die Abzüge auf Karton und Papier?

Was wir nicht vergessen dürfen: Oczlons Aufenthalt im Tal fällt in die Zeit des Ersten Weltkriegs, in den auch er einzurücken hatte. Ein Sohn von Heinrich Oczlon (1911–1993) gab uns die Information, dass sein Großvater von 1915 bis 1918 als Kriegsberichterstatter an der Südfront gewesen sein soll. Und er scheint in den Verzeichnissen der Militärakten als Heimkehrer auf: Oczlon Alois, Fotograf, Standschützenbataillon Passeier.

Dann half uns Pinterest weiter. Es existiert eine Tochter, Martha Oczlon, 1909 in Innsbruck geboren – so jedenfalls zu lesen in einem Pin von @amelia sunderbug, einer Nachfahrin von Martha, die nach Minnesota ausgewandert ist. Auf ihrer Pinwand “Portraits. Family and friends from the past” finden sich Familienfotos, zum Großteil der Jahre in Passeier.

Mein Louis! steht auf einer Porträtaufnahme eines jungen Mannes. Wir nehmen an, es ist Alois Oczlon. Die Fotos der Kinder zeigen sie in Reih und Glied vor einer Mauer, vor der Apostelkapelle in Hinteregg, mit der jungen Mutter Notburga Raich, die kleine Martha barfuß auf dem Boden sitzend beim Kartoffelschälen und dann wieder herausgeputzt im Pelz oder auch als Jugendliche in Festtagstracht am Ufer eines Baches.

Nach einem Jahrzehnt in Passeier zieht es Oczlon weiter. So taucht er 1922 in Brixen auf, später in St. Martin in Piccolein, St. Vigil in Enneberg und St. Johann im Pongau. Alois Oczlon stirbt am 10.11.1961 in Bruneck. Seine Frau, Notburga Raich, war bereits 1956 verstorben.

Noch mehr Rätsel als Oczlon selbst geben seine Fotografien auf. Wir vermuten, dass die Fotos insgesamt nicht miteinander zusammen hängen. Und mehr noch: Dass sie möglicherweise nicht alle von Alois Oczlon selbst stammen. Nichtsdestotrotz zeigen wir in diesem Blogartikel alle Aufnahmen aus der besagten Kiste:

  • Es sind durchwegs Studioaufnahmen von bürgerlich gekleideten Menschen vor Leinwandkulisse, entstanden sind sie vermutlich vor dem Ersten Weltkrieg. Es ist schwer vorzustellen, dass sie in Passeier aufgenommen worden sind. Vielleicht sind sie in Meran oder Innsbruck entstanden, vielleicht fotografierte Oczlon auch schon vor seiner Zeit in Südtirol und sie stammen aus Zürich oder Lausanne. Die jeweiligen Stadtarchive haben allerdings keine der abgebildeten Personen erkannt.

  • Diese sind unterwegs entstanden. Oczlon muss als Wanderfotograf das Burggrafenamt samt Vinschgau bereist haben. Die Aufnahmen zeigen Einzel- und Gruppenfotos sowie Schnappschüsse, die im Freien und hauptsächlich in dörflich-bäuerlicher Umgebung aufgenommen worden sind. Zeitlich passen sie sehr gut in die 1910er und 1920er Jahre, als Oczlon in Passeier ansässig war.

  • Sie stammen aus späterer Zeit, vermutlich aus den 1940er Jahren. Der Großteil der Fotos lässt sich im Vinschgau – Umgebung Tabland – lokalisieren. Es ist denkbar, dass diese Aufnahmen später in die Holzkiste gelangt sind – nämlich als diese beim Schmittmerhof in Tabland aufbewahrt worden ist – und auch nicht von Oczlon stammen. Dasselbe gilt für die fünf Fotopositive auf Karton, die teilweise sogar Fotografen- bzw. Verlagsangaben aufweisen.

 

Gespannt waren wir natürlich auf die Fotos mit Passeirer Bezug. Hierzu haben wir nur einige wenige Fotos gefunden. Darunter auch eines vor dem Gasthaus Sandwirt.

Reiter vor dem Gasthaus Sandwirt

An der Straße vor dem Gasthaus Sandwirt, bzw. vor dessen Kellerzugang, steht ein Pferd mit Reiter, dahinter Schaulustige oder Gasthausbesucher*innen.

Mann in Passeirer Tracht

Weder Mann, noch Ort haben wir bislang enträtseln können. Der Mann mit Hahnfeder auf dem Hut und ohne Ehering ist wohl ein Mitglied einer Musikkapelle und posiert in einem Garten, vor ihm der Schnittlauch, hinter ihm ein Obstbaum.

UPDATE 15.12.2023:
Auf unseren Aufruf im Passeirer Blatt 04/2023 hin hat sich Marie Hofer von Breiteben gemeldet und den Aufnahmeort des Fotos lokalisiert: Es wurde auf der Rückseite des Gasthofs Breiteben gemacht, im Hintergrund ist das Frasnellihaus/Granielhaus zu erkennen. Beim jungen Mann handelt es sich wahrscheinlich um den Platterwirtssohn Josef Hofer, geboren am 02.03.1898 in Platt als Sohn des Johann Hofer und der Angel(ic)a Turri, gestorben am 17.01.1955 im Sanatorium Stefanie in Meran. Er hatte mit 27 Jahren am 25.05.1925 Filomena Hofer von Prisch geheiratet, etwa um 1920 (bzw. auf alle Fälle vor 1922, als das alte Gasthaus vollständig niedergebrannt ist) wird auch die Aufnahme entstanden sein.

Szene auf einer Wirtshaus-Veranda

Acht Erwachsene und ein kleines barfüßiges Mädchen auf einer Veranda, die Männer mit Biergläsern.

Manuel Thoma hat das Gebäude als Gasthaus Tirolerhof in St. Leonhard identifiziert, die Form der Ecksteine und die Anzahl der im Verputz angebrachten waagrechten Rillen stimmen mit anderen Aufnahmen überein.

Update 14.12.2024: Monika Mader hat die Sechste von links als Johanna Holzknecht (1882–1962, ab 1916 verheiratet mit Leonhard Kofler “Zëgg”) erkannt. Die stehende Frau dahinter ist laut Vergleich mit einem Sterbebildfoto Johannas gleichnamige Mutter, Johanna Santer (1852–1927, verheiratet mit Vinzenz Holzknecht), gebürtig aus Sölden.

Musikanten auf einer Bühne vor dem Gasthaus Breiteben

Das Schild “Gasthaus Breiteben 1892” gibt vor, dass es sich um das Wirtshaus vor Platt in Passeier handelt, rechts ist die Eingangstür mit Balkon darüber zu erkennen.
Auf der Kiste am Boden ist zu lesen: Hans Hörtmayr, Sodawasserfabrik MERAN. Laut Telefonverzeichnis von 1913 befand sie sich in der Passeirer Gasse.

Der stehende Geiger mit schwarzer Zipfelkappe und weißer Jacke taucht öfters auf Passeirer Fotografien auf, seinen Namen haben wir bislang aber noch nicht herausgefunden.

Gemischtwarenladen

Ein spannende Aufnahme. Ein Geschäft “k.k. Tabak-Verschleiss und Karten”, auf Werbeschildern werden Maggis Rindsuppe-Würfel der beste! und Caffee-Zusatz angepriesen. Am Fenster sieht man Weihbrunnenkrüge, Kerzenständer und Heiligenstatuen, in der Auslage Pfeifen, Suppenkellen und Uhren, neben der Tür links hängen Jacke und Hose, Ansichtskarten und Kleingeräte.

UPDATE: Im Mai 2024 hat Albert Pinggera das Geschäft im Vergleich mit einer Dorfaufnahme von St. Martin als den Krämerladen beim “Bildhauer” (“Schenk”, später “Handlung Pirpamer”, heute Sparkassa, Dorfstraße 31) identifiziert.

Gruppe und Paar beim Biertrinken

Die Aufnahmen stammen ebenfalls aus St. Martin (Dank an Albert Pinggera für den Hinweis): Die siebenköpfige Gruppe posiert vor dem Eingang zum Weinkeller des Gasthaus Unterwirt, das früher die Hausnummer 54 trug. Die zwei jungen Leute mit Bierkrügen befinden sich wiederum unmittelbar neben dem Gemischtwarenladen beim “Bildhauer”, direkt neben dem Unterwirt (vgl. vorherige Aufnahme).

Zitherspielerin mit Begleitung

An der Mauer hinter der fünfköpfigen Gruppe hängt ein Schild mit Abbildung und Benennung der Stettinerhütte, daher die Vermutung, dass das Foto in einem Gasthaus in Hinterpasseier aufgenommen worden ist.

Fotografie von zwei Fotografien

Vielleicht ein Paar, deren Aufnahmen von Meraner Studiofotografen jemand mit Reiszwecken ans Getäfel befestigt hat: Er als Landesschütze mit Schützenschnur, fotografiert von H. Perckhammer. Sie, mit weißgetupftem Kleid und weißer Krawatte, fotografiert im Studio der Gebrüder Ratschiller.

Der Frau sind wir beim vorherigen Foto “Zitherspielerin” schon begegnet.

Einige Fotos wurden offensichtlich in Kompatsch, in der Gemeinde Naturns aufgenommen.

Trattoria al Cervo (Gasthaus zum Hirschen)

Die unscharfe Aufnahme zeigt den Eingang zum Hirschenwirt in Kompatsch, Gemeinde Naturns. Das Gasthaus steht heute nicht mehr.

Erstkommunikantin vor einem Bauernhof

Im Hintergrund der Unterlaimhof in Kompatsch, Gemeinde Naturns. Das Wirtschaftsgebäude links steht heute nicht mehr.

Zwei Mädchen am Brunnen

Auch diese Aufnahme dürfte laut Hermann Wenter am Unterlaimhof entstanden sein.

Das Mädchen rechts im Bild ist womöglich die Erstkommunikantin vom vorherigen Foto.

Junge Frau in Festtagstracht

Die Ähnlichkeit mit dem größeren Mädchen auf dem vorherigen Foto legt nahe, es ist die selbe Person oder eventuell eine Schwester.

Kindergruppe im Freien

Die vier Mädchen im Vordergrund tragen alle dieselben Kittelschützen mit überkreuzter Borte am Halsausschnitt (ebenso wie das Mädchen rechts im Foto “Zwei Mädchen am Brunnen”).

Weitere Orte und Menschen konnten wir mit Hilfe einiger Gewährspersonen identifizieren oder zumindest Vermutungen anstellen.

Zwei Männer auf einer Wiese

Laut Hermann Wenter dürfte es sich im Hintergrund um den Ober- und Unterwetzelhof in Tabland handeln. Die Männer sind bislang nicht identifziert.

Vier elegante Radfahrer

Vier junge Männer, allesamt mit Krawatten, posieren mit ihren Fahrrädern vor der Lourdes-Kirche in Laas. Sie halten Hüte und Jackets in den Händen, im Hintergrund die 1896 eingeweihte Wallfahrtskirche mit rundem Glockenturm. Hermann Wenter meint im Vierten von links einen der Brüder Rudolf oder Alfred Dissertori zu erkennen.

Der Negativ-Film in schwarz-weiß ist teilweise doppelbelichtet: Der Film wurde nicht komplett gespult und deshalb überlappt sich rechts schon ein Teil vom nächsten Foto.

Ansicht von Marling

Es dominiert die markante Marlinger Pfarrkirche, die 1901 geweiht worden ist.

Petöfi-Haus an der Straße nach Dorf Tirol

Zwei Aufnahmen vom Petöfi-Haus, heute Hauptstraße 75, in Dorf Tirol.

Trotz unterschiedlicher Belichtung sind die Fotos am selben Tag aufgenommen, einmal mit und einmal ohne Menschen.

Zwei junge Männer im Anzug

Den jungen Mann links im Bild meint Josefine Plack (Jg. 1956) als ihren Onkel zu erkennen: Albert Plack von Tabland, geboren am 28.03.1921.

Junger Mann in Hosenheber mit Bierkrug

Zwei Aufnahmen vor dem selben Hintergrund, mit dem selben jungen Mann mit Streifenkrawatte.

Junge Frau mit Blume, junger Mann mit Zigarette

Waldhütte vor einer Säge

Im Vorder- und Hintergrund liegen Baumstämme und Bretterstapel, das langgezogene Gebäude links könnte ein Sägewerk sein. Die Gruppe wirkt wie eine Sommerfrischler-Familie.

Soldat vor gemalter Kulisse

Die Platte ist am unteren Rand beschriftet: Blaas Alois 6 Cab m.

Es ist möglicherweise das letzte Foto, das von Alois Blaas aufgenommen worden ist.
Auf seinem Sterbebild (das Porträtfoto dort ist ein Ausschnitt von dieser Studioaufnahme) finden sich die Angaben: Tierarzt in Naturns, der in dem Feldzuge gegen Rußland in Galizien sich eine tödliche Krankheit zugezogen hat und am 17. Dezember 1914 […] im 38. Lebensjahre […] in Naturns gestorben ist.

Noch nicht lokalisiert und identifiziert sind die folgenden Abbildungen:

Ein junges Pärchen

Die Platte ist am unteren Rand mit der Ziffer 6 oder 9 und einem (später durchgestrichenen) Text beschriftet.

Frau mit fünf Paar Schuhen und zwei Kindern

Ein witziger Schnappschuss, extra für den Fotografen?

Junger Mann mit Zigarette vor Weinreben

Vielleicht ein Schnappschuss in einer Arbeits- bzw. Zigarettenpause im Weinberg?

Menschen in einer offenen Schmiede

Ein junger Mann am Amboss, in seinen Händen hält er Hammer und ein zuzuhauendes Kopfteil eines Beils. Zu seiner Linken ein Junge und eine lachende Frau.

Kessel und Kesselmacher

Vier Männer mit Hut inmitten von Kessel in verschiedenen Größen, drei Männer tragen Arbeitsschürzen.

Familienfoto

Bei dieser Glasplatte hat sich das Bildsilber vielfach aufgelöst. Zu erkennen sind in der rechten Bildhälfte eine Frau und ein Mann in Landler Tracht, vor ihnen drei Mädchen in hellen Kittelschürzen und weitere Kinder in der linken Fotohälfte.

Mann mit Mädchen auf dem Arm

Zwei Kinder auf Sessel vor schwarzem Vorhang

Familienfoto mit sechs Kindern

Die Familie vor dem Holzblockgebäude besteht aus Vater, Mutter, fünf Mädchen und einem Bub.

Vor der Pension Wastl

Auf den Holzbalken oberhalb der Fenster kann man PENSION WASTL lesen.

Frauen mit Kuh

Zwei Frauen mit Strohhüten vor einem Holzgebäude, man erkennt das Heu- bzw. Mistlager eines Stalles. Die ältere Frau hält eine helle Kuh am Horn, die junge Frau neben ihr (mit Ehering) trägt einen Heurechen. Von links hinten kommen ein Junge mit einem Huhn auf dem Arm und weitere Kleinkinder mit einer älteren Frau.

Straßenarbeiten mit Dampfwalze

Eine Dampfwalze mit geteilter Hinterwalze der Magdeburger Firma “John Fowler & Co”, die Angabe “17” könnte die Modellnummer sein. Der Kesselaufsatz stammt laut Aufschrift von “Dampf-Straßenwalzen Betrieb Bauer & Seif München”. Der an die Walze angehängte “Wohn- und Requisitenwagen”, an dessen Eingangstür eine junge Frau und ein Hund zu sehen sind, deutet darauf hin, dass sich der Arbeitstrupp an einem entlegenen Ort befand.

Frau und Mann beim Weintrinken

Hof am Steilhang

Diese Aufnahme fällt etwas aus dem Rahmen: Zu sehen sind keine Menschen, sondern ein Haus und Wirtschaftsgebäude mit Schindeldächern in steilem Gelände, im Hintergrund eine schroffe Felswand (eventuell die Mutspitze), im Vordergrund gestutzte Eschenbäume. Wenn es die Mutspitze ist, könnte es Pirpamegg bzw. Sticklwieser unterhalb von Vellau sein.

Bub mit Hut auf Holzstuhl

Frau mit Kleinkind am Schoß und Mann

Der Mann in gestreiftem Hemd und gestreiftem Anzug trägt einen markanten Gürtel, beim Kleinkind fällt die lange Halskette mit Kreuz auf, bei der Frau ist es der große Strohhut, dessen Form scherzhaft auch Kreissäge genannt wurde. Der Rindenverhau und der Hut tauchen auf dem nächsten Foto ebenfalls auf.

Frau mit Täufling

Frau mit Muttermal

Familienfoto mit Täufling im Garten

Die Mutter hält in ihrer Linken das Taufkind und einen Schnuller.

Mädchen im Partnerlook

Die etwas unterbelichtete Aufnahme zeigt zwei Mädchen in kariertem Kostüm in weißer Spitze, mit Krawatte und Faltenrock.
Das jüngere Mädchen, das auf einem Holzstuhl sitzt, trägt weißen Lackgürtel und Schühchen mit genagelter Sohle.

Mann mit Pfeife und Gewehr im Anschlag

Fünf Burschen und Männer auf einer Veranda

Die Landschaft im Hintergrund könnte die Katharinascharte von Hafling sein, Siegfried de Rachewiltz vermutet das Gasthaus Rimmele in Dorf Tirol als Aufnahmeort.

Frau in weißem Kleid

Mädchen vor Eingangstür

Obwohl das Mädchen weißes Kleid und Haarkranz trägt, scheint es kein Erstkommunionkind zu sein. In kecker Pose hält sie in ihrer Hand einen – wohl von der Kletterpflanze hinter ihr – abgerissenen Ast. Die Platte ist nummeriert mit 434, rechts unten sieht man deutlich, wie sich die fotografische Schicht – die Silbergelatine – von der Glasplatte gelöst hat.

 

Zu den bürgerlichen Porträts im Atelier haben wir noch keine Ergebnisse, weder was den Aufnahmeort bzw. die Kulissen, noch die abgebildeten Personen betrifft.

Junger Mann mit Stock und Melone

Junger Mann mit Zigarre und Melone

Sitzender Mann mit Schnauzer und Melone

Stehender Mann mit Schnauzer und Melone

Mann mit Zweireiher

Mann im grauen Anzug und Kinnbart

Mann mit Zylinder

Mann mit Franz-Joseph-Bart

Mann lehnt an Säulenattrappe

Mann mit Mütze “SLEEPING-CAR”

Josef Auer schreibt im Blog innsbruck-erinnert, in dem das Stadtarchiv um Mithilfe aufgerufen hat: "Ein schönes Beispiel für das Branding in der Zeit um 1900. Die Initialen WL finden sich auf der Mütze, den Knöpfen und wohl auch auf den Manschettenköpfen. Das Monogramm war das Logo der Compagnie Internationale des Wagons-Lits, dem seinerzeit größten Anbieter von Schlafwagenzügen auf dem europäischen Kontinent, u.a. auch des berühmten Orientexpress.”

Mann mit Mütze und Frau im schwarzen Kleid und Federhut

Frau in weißem Kostüm und Mann mit Melone

Mädchen und Frau mit Hund

Zwei Frauen

Zwei Männer, einer im Rollstuhl

Paar hinter gemalter Automobil-Kulisse

Mann und Frau an Zaunarrangement

Junge und Frau an Zaunarrangement

 

In der vorliegenden Sammlung finden sich zuletzt fünf Abzüge auf Karton, darunter auch dieses Porträt von Alois Blaas, mit Angabe O. KLOSE PHOTOGR. INNICHEN. Auf der Rückseite die handschriftliche Notiz: Gehört Anna Griner Naturns.

Porträt junger Landesschütze

Auch zu diesem Porträt bzw. Landesschützen hat Hermann Wenter das Sterbebild gefunden: Es handelt sich um Wendelin Kofler, Schuhmacher in Tabland, 1915 nach Verwundung in Galizien im Spital in Lemberg gestorben.

Drei Soldaten vor gemalter Studiokulisse

Frau mit Gebetsbuch

Soldat vor einer Holzbank

Auf der Rückseite (handschriftlich) gehört Rosa Wiedman[n] Unterwiemer und (Druck) O. Zwierzina Photo-Atelier Meran, Rennweg 27.

 
 

Wir freuen uns auf Fotodetektive,
die mit uns weiter über die Bilder und den Fotografen Alois Oczlon rätseln.

 

UPDATE 10.11.2023:
Walter Innerhofer aus Schenna hat uns die Rückseite einer Aufnahme von Alois Oczlon geschickt, wobei dessen Nachname hier ohne “c” gedruckt ist. Die auf der Vorderseite abgebildete Schulklasse ist im Dorfbuch von Schenna auf das Schuljahr 1909/10 datiert, demzufolge hatte unser Fotograf zu der Zeit wohl in Schenna sein Labor, bevor er nach St. Leonhard in Passeier gegangen ist.

 
 

UPDATE 22.11.2023:
Roland Unterweger vom Tiroler Landesarchiv in Innsbruck hat gefunden, dass Notburga Raich laut Meldeschein vor 1908 als Dienstmädchen in Innsbruck beschäftigt war.

Weiters: Im Exhibitenprotokoll, dem Geburtenbuch (S. 84, Nr. 981) und dem Verpflegtenbuch der Landesgebäranstalt Wilten von 1909 ist die Geburt von Martha Maria Oczlon bzw. Ozlon am 06.10.1909 (Nr. 991) eingetragen. Alois Oczlon ist hier als “Optiker bei St. Georgen b. Schönna” angegeben. Weitere Informationen aus diesen Büchern: Martha wird gefirmt in St. Leonhard in Passeier am 29.10.1922 und heiratet am 07.06.1941 in St. Johann in Pongau Erwin Josef Mutschlechner.

 

UPDATE 08.02.2024:
Univ.-Prof. Gertraud Fenk-Oczlon, eine Enkelin von Notburga Raich und Alois Oczlon, hat sich gemeldet und gab uns folgende Informationen und Fotos:

Mein Großvater, Alois Oczlon, ist in Znaim geboren und in Olmütz in Mähren mit sechs Brüdern und einer Schwester aufgewachsen. Sein Vater besaß dort eine Handschuh- und Bandagen Erzeugung. Nach abgeschlossener Optikerlehre arbeitete er – wie damals üblich – als Wandergeselle bei Optikern in Klausenburg, Brünn, Linz (Optik Geier 1902–1903), Meran (Optik Graf 1904–1906 und 1908–1910?), Lausanne (Optik Gautschy 1906/07), und Zürich (Optik Goldschmidt 1907/08). Diese Angaben habe ich von zahlreichen Ansichtskarten und Briefen, die an die Adressen in Klausenburg, Linz, Meran, Lausanne und Zürich adressiert waren.

Mein Großvater war ein begeisterter Bergsteiger, wie die Aufzeichnungen in seinem „Merk-Buch für Bergsport“ ab 1902 zeigen. Seiten aus dem Jahr 1904/05 verraten, dass er zu jener Zeit, als er im optischen Institut Graf in Meran gearbeitet hat, zahlreiche Bergtouren im und rund um das Passeiertal gemacht hat (Mutspitze, Hohenwilde, Rötelspitze, Roteck, Hirzerspitze etc.). Es dürfte ihm im Passeiertal so gut gefallen haben, dass er dort dann später (1910) einen Fotografenbetrieb gegründet hat. Während des Krieges war er unter anderem bei der k.k. Wach & Ersatzabteilung für Standschützen in Trient, bei der K u k Bergführerkompanie II sowie als  Kriegsfotograf im Einsatz.

Meine Großmutter, Notburga Raich, geboren in Oberperfuss, ist in Leins im Pitztal aufgewachsen und war als „Herrschaftsköchin“ unter anderem in Bristol, England (1896?–1903), Innsbruck (1904–1905) und Riva am Gardasee (1906) tätig. Ihr Vater Angelus Raich war zeitweise „Meisterjodler“ in England. Meinen Großvater hat sie angeblich in Innsbruck (Anfang 1905) in einer Gaststätte kennengelernt, in die er nach einer Bergtour eingekehrt war. Es war, so wird berichtet, Liebe auf den ersten Blick zwischen dem 22-Jährigen und der 32-Jährigen. Sie haben von da an viele gemeinsame Bergtouren und Ausflüge gemacht (z.B. auf die Hirzer Spitze, Spronser Seen) und auch am Gardasee, wo meine Großmutter ab 1906 in der Villa Miralago in Riva als Köchin gearbeitet hat. Meine Großmutter konnte gut Englisch, in ihrem Nachlass befinden sich viele englische Bücher mit handschriftlichen Anmerkungen und sie hat auch Ansichtskarten und Briefe an meinen Großvater in englischer Sprache geschrieben. Notburga Raich hat ihren Mann auch tatkräftig im Fotobetrieb unterstützt, Bestellungen und Korrespondenzen erledigt und retuschiert.

Ich habe mir einige der ca. 200 "Feldpostkorrespondenzkarten", die sich meine Großeltern in der Zeit während mein Großvater im Krieg war geschrieben haben, genauer angeschaut: Es zeigt sich, dass meine Großmutter neben Kindern und Haushalt tatsächlich den Fotobetrieb alleine weitergeführt hat, Bestellungen und Lieferungen für meinen Großvater im Rahmen seiner Arbeit als Kriegsfotograf erledigt hat – aber auch selbst Aufnahmen gemacht, entwickelt, vergrößert etc. hat.

Einige Auszüge von fünf Karten:

23.10.1916: Habe soeben Kasetten, Fachblatt u. Chemikalien zur Post gebracht. Hoffe das alles in gutem Zustand ankommt. Gläser und Blechdosen bewahre gut auf – von Cottbus ist nichts mehr gekommen, ich hab' nur wenige Karten mehr, Pater Christoph möchte auch welche. […]

11.10.1917: Während ich mit Dir in Meran war versäumte und vergaß ich hier 2 Aufnahmen zu entwickeln und hab' dadurch 3 Auf verdorben, weiss nicht ob sich's noch gut machen läst, das heisst: wenn mir die Leute ein 2tes mal kommen, schon. Das Objektivbrettl hat Pöhl fertiggemacht, nur ausschneiden kann er es nicht. [...]

04.01.1917: Habe fest im Sinn Kinder nach Leins zu geben anfgs. Mai. Bilder sind alle verliefert, war eine große Arbeit. [...]

18.01.1917: Habe viel Arbeit, was am meisten aufhält sind die Reproduktionen. Die vielen Misserfolge, glaube sind der Entwickler schuld. Werde diesmal noch Platten und Chemikalien von N.G.G. bestellen. [...]

21.02.1917: Heute kommt Näherin, – Holz ist keines zu bekommen, mit Apparat bin ich und manche Leute nicht zufrieden Bilder sind so klein. [...]

Auf einer weiteren Karte habe ich folgende Nachricht an meinen Großvater bezüglich der Wohnung in St. Leonhard gefunden:

24.10.1915: Im alten Schiessstand machen sie die Wohnung nicht leer u. ich will auf keinen Fall in den Schmutz anderer Leute hineinziehen;  – diese Woche kann die Hausfrau jeden Tag kommen und kein Mann ist zu bekommen die schweren Sachen hinunter zu bringen, hab gestern den „Rotschild" gefragt, vielleicht! […]

Notburga Raich mit Tochter Martha, die 1909 geboren ist. Die Aufnahme stammt von Alois Oczlon, die Originalplatte ist erhalten. Privatarchiv Familie Oczlon.

Alois Oczlon in Uniform, wahrscheinlich während seiner Tätigkeit als Kriegsfotograf zwischen 1915 und 1918. Die Aufnahme mit hohem Pflanzenhocker und Baumkulisse dürfte in Oczlons Studio im Alten Schießstand von St. Leonhard entstanden sein, da es weitere Platten mit demselbem Arrangement gibt. Demzufolge war vermutlich Notburga Raich die Fotografin. Familienarchiv Familie Oczlon.

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